So arbeitete er in den Nächten in den ausgekühlten, beengten Kellerräumen und Verschlägen, die durch simple Türen aus morschen Holzlatten miteinander verbunden waren. Er trug eine wollene Jacke und eine altmodische Mütze, die seine Ohren jedoch nur teilweise zu wärmen vermochte. In vielen der niedrigen Kammern konnte Mike nicht einmal aufrecht stehen. Die Decke bestand aus losem Gestein und vernarbtem Staub, übersät mit dickem, schwarzem Spinngewebe. Keuchend und mit Schmerzen in Hüfte und Beinen mangels des aufrechten Ganges arbeitete er sich des Nachts von Raum zu Raum. Dabei stieß er auf Unmengen von alten, vermoderten Holzplanken, die unter seiner Berührung zu Staub zerfielen. Er fand altertümliches, mit Schimmel und Spinnweben überzogenes Mobiliar, das dem Griff seiner Hände nicht mehr standhielt. Dazu zertrat er Hunderte von Käfern, Spinnen und anderem Gewürm, das ihm fremdartig anmutete und dessen schweigendes Dasein in absoluter Finsternis er nach Jahrzehnten aufgeschreckt hatte. In einem der tiefliegenden Verschläge stieß Mike auf Berge alter, nach Fäulnis und Vergangenheit riechender Kleider, die nachlässig in verschimmelte Kisten gesteckt worden waren oder einfach auf dem harten Erdreich zu formlosen Haufen aufgetürmt lagen. Sie schienen ein hohes Alter zu besitzen, denn die Schnitte der Hosen und Röcke, sowie die Tatsache, dass Mike unter den Haufen auch von Moder und Staub verhärtete Fräcke und Gehröcke mit dazugehörigen Zylindern vorfand, zeugten von einer Zeit, die längst schon vergessen und in der das Anwesen noch jung an Jahren gewesen war. Mike versuchte sich die Menschen vorzustellen, die einst diese Kleider trugen. Doch die bloße Vorstellung, dass selbst die Nachkommen dieser Personen nicht mehr unter den Lebenden weilten, erinnerte ihn auf schreckliche Weise an Susan und Olivia. Er beschloss, bei nächster Gelegenheit die Kisten und Berge mit Kleidern im Garten hinter dem Anwesen den Flammen zu übergeben. In einem weiteren Raum, dessen felsige Decke sich bedrohlich nach unten neigte und breite, von einer Wand zur nächsten reichende Risse aufwies, fand Mike verrostete, rußgeschwärzte Öfen und wurmstichige Schränke, die einmal einer Küche gedient haben mochten, und die das Alter jeglicher Farbe beraubt hatte. Seit Jahrzehnten harrten diese Zeugen aus längst vergangenen Tagen unter einer dicken Schicht aus grauem Staub und von der Decke herabrieselnden Steinchen in ewiger Finsternis, denn der gesamte Keller besaß nicht ein Fenster. Das einzige Licht stammte von Öllaternen, die Mike in der Wohnung gefunden hatte, sowie zwei starken Taschenlampen. Eine widernatürliche, belastende Stille hing wie ein unsichtbarer Schleier in den niedrigen Räumen, die einem unheimlichen, lange verrotteten Grabgewölbe glichen. Das Zerbersten von morschem Holz und verhärteten Erdhaufen, das Knacken der flinken, aufgeschreckten Käfer unter Mikes Schuhen, sowie das angestrengte Keuchen seines Atems ob der unbequemen Haltung, in der er des Nachts diese Arbeiten verrichtete, waren die einzigen trostlosen Geräusche, welche das Haus erfüllten. Inmitten dieser totenähnlichen Stille stieß Mike in der sechsten Nacht seiner Arbeit auf eine alte, eisenbeschlagene Truhe, die lediglich von einem simplen, verrosteten Schloss gesichert wurde. Doch löste sich das Metall schnell unter seinen Händen in einer Wolke aus Rost und Staub auf. Was Mike im Innern dieser seltsamen Kiste vorfand, ließ ihn den Schrecken der Kälte und das unangetastete Schweigen in den Kellerräumen vergessen. Mit seinem Fund stieg er in dieser Nacht die steile Stiege in die gewärmte Wohnung empor, die ihm plötzlich von einer schweren Atmosphäre belastet erschien. Fast kam es ihm vor, als trüge er mit der Truhe und ihrem unheimlichen Inhalt auch die tiefe Stille und eine lange begrabene Vergangenheit hinauf in die Wohnstube. In dieser Nacht, in der Mike die alte Truhe entdecke hatte, träumte er zum ersten Mal von der Stadt …